Depressionen

Ernährung und Depressionen

Reichlich Fisch und Kohlenhydrate lindern die Beschwerden, heilen können sie jedoch nicht.
Von ddp-Korrespondentin Susanne DonnerMaastricht/Göttingen (ddp). Sauer macht lustig, Bananen machen glücklich und Schokolade auch. Der Volksmund hält viele Ratschläge parat, um Trübsal zu vertreiben. Doch die Wissenschaft konnte für keines dieser Lebensmittel belegen, dass sie dauerhaft die Stimmung aufhellen. Zwar finden sich sowohl in Schokolade als auch in Bananen Stoffe, die die Glückshormone auf Trab bringen. Doch ist es unmöglich, so viel davon zu essen, dass dauerhaft ein Effekt auf das Gemüt erzielt wird.

Dagegen mehren sich nun Studien, wonach eine insgesamt sehr eiweißarme und zugleich kohlenhydratreiche Kost mit reichlich Fisch Menschen langfristig fröhlicher und ausgeglichener macht. "Menschen, die sich immer wieder niedergeschlagen fühlen und an Stimmungsschwankungen leiden, geht es mit einer solchen Diät nachweislich besser", erläutert der Psychologe Rob Markus von der Universität Maastricht.

In einer Untersuchung gab Markus 50 psychisch labilen Personen entweder eine kohlenhydratarme, eiweißreiche Ernährung oder eine kohlenhydratreiche, eiweißarme Kost. Dann ließ er beide Gruppen Mathematikaufgaben bei starkem Lärm lösen. Die kohlenhydratreich ernährten Probanden reagierten deutlich gelassener. In ihrem Speichel fanden sich überdies etwa 15 Prozent niedrigere Werte des Stresshormons Cortisol.

Eine ausgewogene Kost mit viel Obst und Gemüse, aber wenig Käse, Fleisch oder Nüssen stabilisiert labile Menschen, lautet das Fazit des Forschers. Auch Volker Pudel, Professor für Ernährungspsychologie der Universität Göttingen, bestätigt diese Befunde. "Nach einer Woche beobachteten auch wir in Studien einen positiven Effekt auf das Gemüt. Die Kohlenhydrate machen den Weg frei für den Stoff Tryptophan", sagt er. Aus Tryptophan wird im Gehirn der Botenstoff Serotonin aufgebaut, der glücklich macht und gebraucht wird, um Stress zu bewältigen. Bei depressiven Menschen mangelt es an Serotonin im Gehirn.

Menschen mit schweren Depressionen können jedoch mit einer kohlenhydratreichen Diät nicht geheilt werden, warnen die Forscher einhellig. "Dazu ist der Einfluss der Kost auf das Gehirn zu schwach. Sie wirkt keinesfalls wie ein Medikament", betont Pudel. Denkbar sei allenfalls, dass eine schwache Besserung eintritt, entgegnet Markus. Das wird derzeit in einer Studie geprüft.

Immerhin ist der Übergang fließend zwischen Menschen mit schweren Depressionen und solchen, die sich nur hin und wieder niedergeschlagen fühlen. Eine schwere Depression liegt dann vor, wenn sich der Betroffene über mehr als zwei Wochen zutiefst traurig, lustlos, müde, schuldig und appetitlos fühlt oder Symptome wie innere Leere und Sehnsucht nach dem Tod empfindet.

Dass die Ernährung schwere Depressionen zumindest lindern kann, belegen Studien des amerikanischen Forschers Joseph Hibbeln. Er untersucht seit Jahren den Einfluss von Fisch auf den Gemütszustand. Je mehr Fisch verzehrt wird, desto seltener werden in einem Land Depressionen beobachtet: So gibt es in Ländern wie Japan oder Taiwan rund 60 Mal weniger Depressive wie in Deutschland oder Kanada. Auch die Selbstmordraten liegen in den asiatischen Ländern entsprechend niedriger.

In mehreren Studien wurde nun Fischöl, insbesondere die Omega-3-Fettsäuren des Fisches, gegen Depressionen und psychische Störungen getestet. So verabreichte die Sheffield University 70 depressiven Patienten hohe Dosen einer Omega-3-Fettsäure. Die Personen hatten auf gängige Anti-Depressiva nicht angesprochen. In mehr als zwei Drittel der Fälle besserte sich der Zustand, und die Abstände zwischen den Phasen schwerer Niedergeschlagenheit dehnten sich aus.

Worauf der Einfluss des Fisches auf das Gemüt beruht, ist jedoch nicht vollständig geklärt. Hibbeln meint: "Das menschliche Gehirn besteht mitunter aus essenziellen Fettsäuren, darunter auch der Omega-3-Fettsäure. Und die Wände der Nervenzellen bestehen daraus." Auch der Glücksbotenstoff Serotonin und die Fettsäure scheinen miteinander verknüpft zu sein. Depressive Menschen mit einem Mangel an Serotonin haben häufig auch einen Mangel an Omega-3-Fettsäure. Umgekehrt konnte an Schweinen nachgewiesen werden, dass der Serotonin-Spiegel ansteigt, wenn sie reichlich Omega-3-Fettsäuren ins Futter bekommen. Derzeit laufen knapp ein Dutzend weitere klinische Studien, die den Einfluss von Fischöl-Komponenten auf Depressionen untersuchen.

Quelle: Lichtblick-newsletter.de vom 04.09.2003

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