Kinder / Jugendliche
Oft übersehen: Angst und Depression bei Kindern
Würzburg (dpa) - Psychische Störungen bei stillen Kindern werden nach Expertenansicht in vielen Fällen übersehen. "Bei Kindern, die nicht mit ihrem Verhalten stören, fallen Eltern und Lehrern Angstzustände oder Depressionen leider oft nicht auf", sagte Andreas Warnke, Leiter der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie der Universität Würzburg, in einem dpa-Gespräch. So genannte "stille Störungen" sind Thema einer an diesem Montag in Würzburg beginnenden Tagung mit rund 300 Experten. Mitarbeiter von Jugendhilfeeinrichtungen, Kinder- und Jugendärzte, Psychologen, Wissenschaftler und Lehrer beschäftigen sich dabei unter anderem mit dem Problem des Schulschwänzens. Häufig schwänzten Kinder nicht deshalb die Schule, weil sie keine Lust dazu haben, sondern weil sie die Schule fürchten, erklärt Warnke. "Dass solche Schüler von der Polizei aufgegriffen werden, löst das Problem nicht. Es muss in jedem Fall eine Diagnostik und Behandlung folgen", meinte der Würzburger Klinikdirektor in dem dpa-Gespräch. Das Problem werde unterschätzt. Die Kinder seien vielleicht überfordert, erlebten die Schule als einen Ort des Misserfolgs, litten unter Zwängen oder würden von Mitschülern gehänselt. "Das Kind sagt aber vielleicht nicht, dass es Angst hat", erläutert Warnke das Problem. Warnsignale für die Eltern sind nach Ansicht des Experten Bauch- und Kopfweh sowie Appetitlosigkeit des Kindes, die gehäuft zu den morgendlichen Schulzeiten auftauchten, nicht aber am Wochenende, abends oder in den Ferien. "Wir müssen das sehr ernst nehmen", riet Warnke. Eltern sollten Beratungsstellen der Jugendhilfe oder psychiatrische Praxen und Kliniken aufsuchen. Mindestens fünf bis sieben Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland seien akut psychisch krank und könnten nicht mehr mit den Alltagsanforderungen klar kommen. Bis zur Pubertät seien vor allem Buben von psychischen Störungen betroffen, erläuterte der Leiter der Würzburger Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie. Danach träten Angststörungen oder Depressionen häufiger bei Mädchen beziehungsweise jungen Frauen auf. Das Thema werde aber oft noch tabuisiert, viele Mütter seien mit Schuldvorwürfen konfrontiert. "Wir müssen davon weg kommen, die Schuldfrage zu stellen", fordert Warnke in dem dpa- Gespräch. Entscheidend sei eine geeignete Behandlung, um den Kindern zu helfen.
Quelle: Netdoktor.de vom 07.10.2002
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