Kinder / Jugendliche

"Zappelphilipp"-Syndrom: Neues Mittel auf dem Markt

Hamburg (dpa) - Ein neues Mittel gegen das «Zappelphilipp»-Syndrom ADHS kommt am 1. März in Deutschland auf den Markt. Das Präparat Strattera bietet nach Angaben des Herstellers Eli Lilly eine alternative Therapie für Kinder und Jugendliche mit der so genannten Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS). Seit seiner Erstzulassung vor zwei Jahren in den USA sei Strattera mehr als zwei Millionen Patienten verschrieben worden, berichtete die Firma am Donnerstag in Hamburg. Es sei für Kinder von sechs Jahren an sowie auch zur Weiterbehandlung im Erwachsenenalter geeignet. ADHS-Patienten haben oft typischen Verhaltensauffälligkeiten wie extreme Ablenkbarkeit, übertriebener Bewegungsdrang, Konzentrationsschwäche und Reizbarkeit. Nach Einschätzung von Prof. Michael Schulte-Markwort vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf bietet Strattera zum ersten Mal eine «echte Alternative» zum herkömmlich gegen ADHS eingesetzten Mittel Ritalin. «Es ist vergleichbar gut in der Wirksamkeit.» Ritalin sei nur bei 70 Prozent der ADHS-Kinder wirksam. Nun gebe es die Hoffnung, auch den anderen Kindern helfen zu können. Im Gegensatz zu Ritalin falle Strattera zudem nicht unter das Betäubungsmittelgesetz. Das mache medizinisch gesehen zwar keinen Unterschied, sei aber vermutlich beruhigend für die Eltern, sagte Schulte-Markwort. Strattera (Wirkstoff Atomoxetin) hemmt die Wiederaufnahme eines Botenstoffs in die Nervenzellen. Damit wirke es möglicherweise auch auf depressive Symptome, die gelegentlich bei ADHS vorkämen, sagte Schulte-Markwort, der in Hamburg die Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychosomatik leitet. Als Nebenwirkung von Strattera nannte Schulte-Markwort «tolerable» Magen-Darm-Störungen, die aber nur in der ersten Zeit auftreten würden. Auch in der Verträglichkeit sei Strattera vergleichbar gut wie Ritalin. Schulte-Markwort schätzt, dass Ritalin und Strattera künftig in etwa gleichhäufig gegeben werden. Bislang seien keine langfristigen Nebenwirkungen von Ritalin nachgewiesen worden. Bei Strattera gebe es noch keine vieljährigen Erfahrungen. «Man kann davon ausgehen dass mindesten drei Prozent der Kinder ADHS haben», schätzt Schulte-Markwort. Es werde noch nicht jedes ADHS-Kind mit Ritalin behandelt. «Anderseits wird nach meinem Eindruck manchmal aber auch zu schnell verschrieben.» Zwischen 1995 und 2000 hat sich die Ritalin-Verschreibung in Deutschland nahezu verzehnfacht. Die Verschreibungspraxis war daher in die Kritik geraten.

Quelle: Netdoktor.de vom 25.02.2005

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