Sozialpsychatrie

Psychopharmaka - Chancen und Gefahren

(naps). Zur dieser Thematik referierte kürzlich Professor Dr. Andreas Broocks, Ärztlicher Direktor der Carl-Friedrich-Flemming-Klinik, im Rahmen des Schweriner Bündnisses gegen Depression im Rittersaal. In seiner Einführung wies Professor Broocks darauf hin, dass Psychopharmaka in unserer Gesellschaft nach wie vor einen eher schlechten Ruf haben. So glauben viele Menschen, dass diese Medikamente süchtig machen, dass es zu Veränderungen der Persönlichkeit kommt oder dass die wahren Ursachen der Erkrankung verschleiert werden. Prof. Broocks sprach ausführlich darüber, dass diese Vorurteile nicht mehr zutreffend sind. Die Medikamente selbst lösen zwar keine Lebensprobleme, oft ist aber die Besserung der Symptomatik die Voraussetzung dafür, dass der Betroffene seine Probleme wieder erfolgreich lösen kann.

Nur eine bestimmte Gruppe der Psychopharmaka haben ein Abhängigkeitspotential, in erster Linie bestimmte Beruhigungsmittel und Schlafmittel (z.B. Benzodiazepine). Solche Medikamente sollten nur für einen bestimmten Zeitraum verordnet werden. Die wichtigsten Psychopharmaka aber, die Gruppe der Antidepressiva und der so genannten Neuroleptika (d. h. Medikamente gegen Psychosen) haben dagegen kein Suchtpotential und sind für viele der Betroffenen geradezu lebensrettend.

Viele psychische Erkrankungen sind auch mit meist vorübergehenden Veränderungen der Persönlichkeit verbunden, z.B. schwere Depressionen oder Psychosen. Hier führen die Psychopharmaka nicht zur Persönlichkeitsveränderung, sondern es kommt im Gegenteil im Rahmen der Besserung zur Entfaltung der eigenen Persönlichkeit. Zu warnen ist allerdings vor Drogen und dem ständigen Gebrauch von Beruhigungsmitteln, da sich dies sehr nachteilig auf die Persönlichkeitsentwicklung auswirken kann.

Nach Ansicht von Prof. Broocks hätten manche der Betroffenen auch die Befürchtung, sie müssten jetzt lebenslänglich Psychopharmaka einnehmen. Auch dieses Vorurteil ist falsch, da es bei vielen psychischen Störungen zu einer Ausheilung kommt, so dass die Medikamente nach einem ausreichend langen Behandlungszeitraum, den nur ein Facharzt richtig beurteilen kann, wieder ausgeschlichen werden können. Natürlich gibt es auch Erkrankungen, ähnlich wie beim Bluthochdruck oder bei der Zuckerkrankheit, bei denen der Betroffene langfristig auf Medikamente angewiesen ist.

Abschließend wies Prof. Broocks auf entsprechende Fragen aus dem Publikum darauf hin, dass auch Naturheilmittel Nebenwirkungen haben können, bekanntlich gibt es in der Natur auch extrem giftige Stoffe.

Klassisches Beispiel: der Knollenblätterpilz. Problematisch sei, dass es im Bereich der Naturheilmittel im Vergleich zur Schulmedizin viel weniger Kontrollen und Überprüfungen gäbe. Zum Thema Nebenwirkungen sollte zudem nicht vergessen werden, dass auch die psychotherapeutische Behandlung bei fehlerhafter Anwendung zu massiven Nebenwirkungen führen kann, zumal sich auf dem so genannten "Psychomarkt" viele dubiose unqualifizierte Anbieter tummeln würden. Für die Zukunft wurde von den Zuhörern ähnliche Veranstaltungen gewünscht, in denen man auch seine eigenen Fragen stellen kann.

Quelle: Lichtblick-newsletter.de Nr. 192 vom 01.11.2006

Artikel