Sozialpsychatrie

Verband kritisiert: Psychisch Kranke oft falsch betreut

Stuttgart (dpa) - Chronisch psychisch Kranke werden nach Ansicht von Experten häufig in den falschen Einrichtungen betreut. Viele seien etwa in Heimen untergebracht, obwohl sie bereits selbstständiger in Wohngemeinschaften leben könnten, sagten Vertreter der Deutschen Gesellschaft für Soziale Psychiatrie (DGSP) am Dienstag in Stuttgart im Vorfeld der Jahrestagung. Die Kranken sollten so viel wie möglich am gesellschaftlichen Leben teilnehmen, forderte der baden-württembergische DGSP-Landesvorsitzende Klaus Obert. Vom (kommenden) Donnerstag an treffen sich rund 350 Mitglieder der Gesellschaft zu einer dreitägigen Konferenz in Stuttgart. Vor allem eine getrennte Finanzierung von ambulanten und stationären Wohnangeboten sei problematisch, sagte Obert. Wenn zum Beispiel das Geld für die Unterbringung aus verschiedenen Töpfen stamme, werde ein Wechsel der Patienten von einer Wohnform in die andere häufig unnötig erschwert. Obert forderte Landeswohlfahrtsämter und sozialpsychiatrische Einrichtungen auf, die gesellschaftliche Einbindung der Patienten in den Mittelpunkt ihrer Arbeit zu stellen. Bundesweit leben nach Schätzungen von Wissenschaftlern bis zu 800 000 psychisch Kranke in rund 11 000 Heimen. Da aber keine genauen Zahlen vorliegen, soll auf der Jahrestagung eine Heim-Enquete-Kommission des Bundestages zur Erhebung wichtiger Daten gefordert werden. Wohnungsnot und mangelhafte Abstimmung gemeindepsychologischer Dienststellen sind Obert zufolge weitere Schwierigkeiten bei der Betreuung psychisch Kranker. Er schilderte den Fall einer Patientin, die in Stuttgart aus dem Krankenhaus direkt in die Obdachlosigkeit entlassen werden musste, weil keine Unterkunft für sie zu finden war. Die Frau lebe seit einer Woche auf der Straße, sagte Obert.

Quelle: Netdoktor.de vom 13.11.2002

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