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Experten: Selbstmordzahlen bei Jugendlichen "erschreckend konstant"

Düsseldorf (dpa) - Die Zahl der Selbstmorde von Kindern und Jugendlichen in Deutschland ist nach Expertenangaben langfristig "erschreckend konstant". Wenn es auch aktuell seit den 70er Jahren einen leichten Rückgang gebe, kämen Untersuchungen über mehrere Generationen hinweg zu annähernd gleichen Zahlen, sagte der Würzburger Jugendpsychiater Prof. Gerhardt Nissen am Mittwoch auf dem Kongress der Medizinmesse MEDICA in Düsseldorf. Von den über 11 000 Suizid-Toten im Jahr 2000 seien 33 Kinder 10 bis 14 Jahre alt gewesen, 272 Jugendliche 15 bis 19 Jahre. Grundsätzlich schwankten die ermittelten Zahlen über die Jahre hinweg sehr stark. Nach Einschätzung Nissens "muss jeder, auch ein spielerisch angelegter Selbstmordversuch" bei Kindern und Jugendlichen als ernstes Notsignal angesehen werden. Wegen der "dynamischen und diskontinuierlichen Entwicklung" junger Menschen sei das Selbstmordrisiko bei ihnen viel schwerer einschätzbar als bei Erwachsenen, erklärte der Jugendpsychiater. Rund 80 Prozent der jungen Selbstmörder stammten aus "chaotischen häuslichen Verhältnissen" mit zu wenig Geborgenheit und Zuwendung, sagte Nissen. Leichte Irritierbarkeit, Kritik-Überempfindlichkeit, Impulsivität, eingeschränkte Kommunikation und Perfektionsdrang gehören nach Angaben des Psychiaters zu den warnenden Charaktereigenschaften Selbstmord gefährdeter junger Menschen. Eine weitere Ursache für den Freitod in ganz jungen Jahren bestehe offenbar darin, dass erst ab etwa 12 Jahren die Erkenntnis reife, "dass der Tod endgültig ist". Seelische Erkrankungen seien bei jungen Menschen nicht so deutlich als Selbstmordgrund auszumachen wie bei Erwachsenen.

Quelle: Netdoktor.de vom 21.11.2002

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